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Kleidersammelbehälter sind keine Mülltonnen

Die 62 Kleidersammelbehälter des DRK-Parchim-Lübz werden wieder zunehmend als Mülltonnen genutzt

Manchmal schwebt der Geruch von vergammeltem Fisch über dem riesigen Kleiderberg. Manchmal riecht es auch nach Grillresten, Tierkadavern oder Windeln. Wenn Sabine Natzke das riecht, weiß sie, dass diese Kleider nie wieder einen Schrank von innen sehen werden. Die Spenden für das Deutsche Rote Kreuz landen auf dem Müll.
Der Kleiderberg liegt im Second-Hand-Shop des DRK Parchim-Lübz. In dem Gebäude neben den Lübzer Stadtwerken befindet sich die zentrale Annahmestelle und der Verkauf für das Gebiet des Altkreises. Hier werden Kleiderspenden aus 62 Sammelbehältern angeliefert, sortiert und im „Charity-Shop“ für einen symbolischen Preis verkauft. „6,50 ist der höchste Preis, den ich nehme. Und das auch nur für gute Jacken. Ansonsten sind die Preise sehr niedrig“, sagt Sabine Natzke. Sie leitet als einzige Festangestellte den Verkauf. Drei Teilzeitkräfte kämpfen sich zweimal in der Woche durch Berge an Textilien, Schuhen und Spielzeugen.
Menschen, die ihre Kleider spenden, meinen es gut. Genauso wie die Mitarbeiter des Roten Kreuzes. Dieser Wille wird durch einen schnellen Wurf durch die Klappe des Kleidersammelbehälters regelmäßig zunichtegemacht. Wenn geruchsintensive Dinge in einem Container landen, müssen die Mitarbeiter auch die restlichen Kleidungsstücke des Behälters entsorgen. „Starke Gerüche ziehen durch alle Stoffe hindurch. Die kann man nach einer Woche im Kleidersammelbehälter niemandem mehr anbieten“, sagt Natzke.
Stinkt es im angelieferten Kleiderberg, beginnt für die Angestellten die Suche nach der Quelle. Ein unangenehmes Unterfangen für alle Beteiligten. „Als es vor kurzem nach Fisch stank, durchsuchten wir den ganzen Berg nach der Ursache. Wir fanden die Überreste in einer alten Sporttasche. Dadurch waren die restlichen Sachen zum Glück nicht ganz verkommen. Bei freiliegendem, stinkendem Müll ist allerdings der gesamte Containerinhalt verloren“, sagt Natzke.
Die Ausmaße der Verschmutzung lassen sich sogar in Zahlen ausdrücken. Indirekt, durch gewachsene Ausgaben. Ulla Riemann ist Fachbereichsleiterin beim DRK. Sie erkennt in ihren Rechnungen, wie hoch die Kosten für die Müllentsorgung sind. Auf der Deponie in Rom landen die verschmutzen Kleider, Windeln und Tierkadaver. „In den vergangenen Jahren haben wir jährlich 1500 bis 2000 Euro für die Müllentsorgung ausgegeben. 2017 sank es leicht auf 700 Euro“, sagt Ulla Riemann. Sabine Natzke fügt hinzu: „In diesem Jahr hat die Vermüllung wieder deutlich zugenommen“.
Warum Menschen ihren Müll in die Kleiderspende werfen, wissen diese nur selbst. Riemann vermutet, es liege am geänderten Sperrmüllsystem. Vor einigen Jahren gab es noch zentrale Termine, zu denen der Sperrmüll abgegeben werden konnte. Seitdem die Bürger selbst einen Abholschein ausfüllen müssten, scheint der Abfall in den Kleiderbehältern wieder zuzunehmen.
Ulla Riemann hat die Hoffnung nicht aufgegeben. Sie setzt auf mehr Sensibilität in der Bevölkerung. Doch die Vermüllung geht mittlerweile so weit, dass sie dazu aufruft, die Spenden direkt im Charity-Shop in Lübz abzugeben: „So sind wir auf der sicheren Seite, und die Spenden können auch genutzt werden“. Artikel der SVZ zum Download