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Mit Blaulicht und iPad

Klemmbrett ist Geschichte: Seit vier Jahren ist Thomas Güther-Knauf es gewohnt, mit einem Tablet zu arbeiten. FOTO: ARKU

Rettungswagen im Landkreis werden mit neuen Tablets ausgestattet / Mit den Geräten werden bei einem Einsatz alle Daten digital erfasst

Der Krankenwagen rast mit Blaulicht heran, Notfall in einer Wohnung. Rettungssanitäter eilen in das Gebäude und lassen sich von aufgeregten Angehörigen zum Patienten führen. Einer der Sanitäter beginnt direkt, den Erkrankten zu versorgen. Der zweite Sanitäter greift unterdessen in seine Tasche, zieht ein iPad hervor und wischt über den Bildschirm. Manch ein Angehöriger versteht dann die Welt nicht mehr.
„Die Menschen sind manchmal sehr irritiert, wenn ein Kollege im Einsatz noch in der Wohnung anfängt, auf einem iPad herumzutippen“, sagt Thomas Güther-Knauf, Administrator für die digitale Einsatzprotokollierung im Landkreis. Er begleitet den digitalen Wandel im Rettungswesen an vorderster Front mit.
Das iPad der Rettungssanitäter ist keine Spielerei, wie manche Menschen während der emotionalen Achterbahn eines Einsatzes vermuten. Das Tablet hat das Klemmbrett vollständig ersetzt. Es versorgt die Einsatzkräfte mit ersten Informationen vor dem Einsatz, dient der umfassenden Protokollierung während des Einsatzes und schickt die aufgenommenen Informationen noch während der Fahrt zum Krankenhaus.
Kurz nach der Alarmierung erhalten die Rettungskräfte auf dem Tablet den Einsatzort und einen Überblick zum Krankengeschehen. Noch in der Wohnung beginnt ein Sanitäter mit der Protokollierung. „Das passiert in der Regel in der Stadt. Dort beginnen die Kollegen bereits vor Ort mit der Datenerfassung. Im Gegensatz zu Einsätzen auf dem Land sind die Wege in der Stadt zu kurz, um das während der Fahrt zu machen“, sagt Güther-Knauf.
Das iPad hat einen unschlagbaren Vorteil gegenüber dem Klemmbrett. Die Schrift ist immer leserlich im Gegensatz zu den handschriftlichen Protokollen mit drei Durchschlagseiten von früher. „Doch es gibt auch Nachteile. Das Klemmbrett ließ sich schneller ausfüllen und manch ein Kollege tat sich schwer mit der neuen Technik“, erklärt Güther-Knauf. Dafür bringt die Einsatz-App „NaProt4“ einen weiteren Pluspunkt mit sich: Sie zwingt die Sanitäter zur Vollständigkeit. Sind nicht alle Zeilen ausgefüllt, lässt sich der Bericht nicht abschicken. Zudem lassen sich in der Einsatz-App nicht nur alle Symptome und Maßnahmen am Patienten erfassen, sondern auch Fotos können direkt an das Krankenhaus geschickt werden. Noch bevor der Patient die Notaufnahme erreicht, sehen die Ärzte, unter welchen Umständen der Notfall passiert ist. Ein Vorteil etwa bei Verkehrsunfällen. Mit den Fotos können die Mediziner im Krankenhaus einschätzen, welche Kräfte auf den Verunglückten gewirkt haben.
„NaProt4“ wurde von dem Berliner Start-Up-Unternehmen „Pulsation-IT“ entwickelt. Der öffentliche IT-Dienstleister des Landkreises „Kommunalservice Mecklenburg“ (KSM) gehörte bundesweit zu den ersten Kunden der App und leistete damit Pionierarbeit in der Einsatzdigitalisierung. KSM versorgt die Einsatzkräfte mit neuen Endgeräten, wie vor kurzem die DRK-Rettungswache Parchim. Die ersten Geräte sind mittlerweile vier Jahre alt und werden nun mit den neuesten iPads ersetzt. In diesem Jahr erhalten 14 Rettungswagen neue Tablets. 2021 werden 36 neue iPads kreisweit im Einsatz sein. „Die Geräte waren viele Jahre fast 24 Stunden am Tag im Einsatz. Darunter leiden besonders die Akkus. Und manche App funktioniert auf den alten Betriebssystemen nicht mehr. Deswegen wurde es Zeit für die Erneuerung“, sagt Jan Ullmann, technischer Anwendungsbetreuer bei KSM. Quelle: SVZ Parchim