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Notfall-Alltag in der Rettungswache

Parchimer DRK-Mannschaft wegen Hitze nicht stärker gefordert / Sanitäter sind in 24-Stunden-Schichten im Einsatz

Es ist 9.30 Uhr am Montagmorgen in der DRK-Rettungswache Parchim. Heute hat Enrico Fuhrmann auf die rot-gelbe Kluft, die ihn als Notfallsanitäter ausweist, verzichtet. Der Leiter des Parchimer Standortes im Pestalozziweg hat Bürotag und da dürfen es auch saloppe Jogginghosen, Poloshirt und Slipper sein. Marscherleichterung, die zwischen den 24-Stunden-Schichten nicht zuletzt auch der Erholung dient. Der Morgen sei bisher ruhig gewesen, noch keine Alarmierung, erzählt Fuhrmann. Die Crew ist in Wartestellung. Ihre 24-Stunden-Schicht läuft seit 7 Uhr. Was sie bringen wird? „Das weiß man vorher nie“, sagt der 45-Jährige. Ihn erwartet definitiv kein Einsatz. Er muss Papierkram erledigen, telefonieren… Heiße Wochen liegen hinter der 38-köpfigen Mannschaft der Rettungswache. Sommer halt. Wenn vielleicht auch ein Jahrhundertsommer. Forderte der mehr Einsätze als sonst? „Das könnte man annehmen, aber nein, eigentlich nicht“, sagt Fuhrmann. Es war ganz normaler Notfall-Alltag auf der Wache – mit Herzinfarkten, Unfällen, Kreislaufzusammenbrüchen, Schlaganfällen, Fieberkrämpfen, epileptischen Krämpfen… und natürlich Überführungen von Patienten aus dem Parchimer in andere, weiterbehandelnde Krankenhäuser. „Wir hatten auch Einsätze, die der Hitze geschuldet waren. Viel Kreislauf, Herzgeschichten. Meist waren es ältere Leute, die nicht trinken wollen“, erzählt Fuhrmann. Der Wachleiter und seine Leute dürfen dann im Einsatz kein Pardon kennen. Und den kennen sie auch nicht. 24-Stunden-Schichten schieben die Parchimer, immer von sieben bis sieben. An 365 Tagen im Jahr. Um die Rettungswache rund um die Uhr zu besetzen, kommen pro Nase schnell mal zehn Schichten im Monat zusammen. „Im Dienst müssen wir natürlich nicht die ganze Zeit wach sein“, sagt Fuhrmann. „Das würde man auch gar nicht schaffen. Nein, wir dürfen uns auch hinlegen, schlafen, fernsehen.“ Wohnzimmer mit Couch und Fernseher, voll ausgestattete Küche, Bad mit Dusche, Schlafräume, alles da. Doch auch wenn keine Alarmierung erfolgt, ist viel zu tun auf der Wache. Und Fuhrmann zählt auf: die Wache sauber halten, Rettungswagen reinigen, Geräte bereitstellen und Materialien auffüllen, Rettungswagen einmal die Woche desinfizieren bzw. nach Fahrten mit ansteckenden Patienten sofort. Fuhrmann gehört mit seinen 45 Jahren übrigens zu jener Generation Rettungs- und Notfallsanitäter, die als Quereinsteiger in die Wache kam und sich qualifizierte. „Wir haben Elektriker, Autoschlosser, Lageristen.“ Er selbst hat Koch gelernt, war etliche Jahre bei der Bundeswehr in Sternbuchholz Küchenchef und nutzte dann die Chance, über den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr in die Rettungsschiene zu wechseln. Seit 2007 ist er in Parchim. Seit 2012 Wachleiter zusammen mit René Grove. „Ich habe noch nicht einen Tag bereut“, sagt er. Allerdings könne er jene Novembernacht 2008 nicht vergessen, in der er vor Ort war, als ein zehnjähriger Junge mit Rauchvergiftungen aus dem brennenden Kinderheim in Parchim gerettet wurde, sieben Tage später im Schweriner Klinikum starb. „Einsätze mit Kindern sind immer ganz schlimm“, sagt Fuhrmann nachdenklich. Download als PDF aus der Parchimer Zeitung Simone Herbst, Parchim