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Babybedenkzeit: DRK-Kreisverband verteilt elektronische Puppen an Schüler

Luna hält Eltern in spe auf Trab

Luna war noch nicht lange auf dieser Welt. Etwa alle drei Stunden verlangte sie nach ihrem Fläschchen, wollte gefüttert werden – auch nachts. Das dauerte jedes Mal fast eine halbe Stunde. Bis sie ihr Bäuerchen bekam, musste sie getragen werden. Danach mussten ihre Windeln gewechselt werden. Wenn sie nicht beschmust wurde, beklagte sie sich lautstark. Ab und zu schlief sie auch, in Rückenlage. Luna ist eine elektronische Baby-Puppe, individuell programmiert von der DRK-Schwangerschaftsberaterin Barbara Guth.
Dustin aus der 9. Klasse der Domsühler Eldetalschule hatte „Luna“ vier Tage und Nächte in seiner Obhut. „Bis nachts um ein Uhr war es der blanke Terror“, schilderte er seine Erlebnisse. „Ich habe kaum geschlafen, um sie nicht zu überhören.“ Eigene, leibhaftige Kinder will er sich erst zulegen, wenn seine Ausbildung zum Wunschberuf Straßenwärter abgeschlossen ist. „Die Erfahrungen mit Luna bereue ich nicht. Ich habe viel dazu gelernt.“ Die Auswertung des Messprotokolls gab ihm recht: Mit 99 Prozent wurde ihm ein überragendes Pflegezeugnis ausgestellt. Aus seiner Klasse hatten außerdem Lea, Vivian, Alexandra und Francis an diesem Projekt teilgenommen. Lea hatte ihre Puppe „Elia“ sogar zu einem Weihnachtsmarktbesuch mitgenommen. „Mit meinem Freund haben wir Familie ausprobiert.“ Für sie als angehende Verkäuferin seien es anstrengende aber auch schöne Momente gewesen. „Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt“. Für Vivian erwies sich „Olaf“ als Baby mit einem ausgeprägten Tag-und-Nacht-Rhythmus.
„Tagsüber war es sehr anstrengend.“ Im wahren Leben soll es für die künftige Tierärztin nur ein Kind geben. Alexandra dagegen wünscht sich nach ihrer Ausbildung zur Finanzwirtin mindestens zwei Kinder. „Ich hoffe inständig, dass die dann nicht so kräftezehrend sind wie die Puppe Finn-Luka.“ Als „harte Nummer“ stufte Francis ihre Erfahrungen mit „Taylor“ ein. Die Auswirkungen auf das gewohnte Leben seien sehr massiv gewesen. „Ausgiebiges Duschen war unmöglich.“
Eigenen Nachwuchs will sie erst mit 30 Jahren in die Welt setzen. Die Neuntklässler der Domsühler Eldetal-Regionalschule hatten sich freiwillig für das Experiment gemeldet. Sie wollten erfahren, wie sich Elternschaft anfühlt und welche Belastungen damit auf sie zukommen. Schwangerschaftsberaterin Guth war die Übergabe der Puppen langsam angegangen. „Die Babyzeit ist schön und anstrengend zugleich“, berichtete sie. Sie verlange vollen Einsatz, „rund um die Uhr“.
Nicht nur 16-Jährige berät sie, auch dreizehnjährige Mütter haben schon ihren Rat gesucht und dabei auch mit einer Abtreibung spekuliert. „Ich berate ergebnisoffen“, betonte Barbara Guth. Vor der Übergabe der Puppen wurden sie gewogen, gemessen, bekamen einen Namen, und ihr Programm wurde zum Leben erweckt. Seitdem zeichneten sie den Umgang mit ihnen auf, ob sie korrekt angehoben wurden und wie viel Zuwendung sie erfuhren. Pflege- und Versorgungsgrad lagen bei allen Testeltern über 95 Prozent. Artikel der SVZ Parchim vom 60.12.2018
Autor Horst Kamke