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Einfach toll!

Fünft- und Sechstklässler der Parchimer Paulo-Freire-Schule wandern 100 Kilometer durch Mecklenburg

Es ist eine gute Tradition an der evangelischen Schule „Paulo Freire“ in Parchim, alle zwei Jahre mit den Fünft- und Sechstklässler eine Wanderung durch unsere Heimat zu absolvieren. In diesem Jahr – bei der fünften Auflage – geht es in sechs Etappen von Rerik an der Ostseeküste über 100 Kilometer bis in die Kreisstadt. Den ersten Abschnitt haben die Schüler bereits vergangenen Sonntag absolviert.

Die Idee zu dieser Aktion hatten die Lehrerinnen Ulrike Apsel und Frauke Doller beim Plausch über den Schulalltag. Wie wäre es, wenn die Mädchen und Jungen mal eine ganz besondere Herausforderung bewältigen müssen, bei der sie kennenlernen, wie es ist, an die Grenzen zu kommen und diese möglicherweise zu überschreiten, so die Intention der Frauen. Und nach etlichen Überlegungen war klar, es sollte nicht nur etwas in der Nähe sein, sondern eine „Sechstage-Tour“ über rund 100 Kilometer, eine Art Pilgerreise. Vor zwei Jahren ging es unter dem Motto „Grenzerfahrung“ von Lauenburg über die einstige innerdeutsche Grenze bei Boizenburg, über Ludwigslust nach Parchim. In diesem Jahr wird die Strecke von Rerik nach Parchim in Angriff genommen.

Gemeinsam mit einigen Eltern wurde monatelang geplant, denn es galt das Essen, die Übernachtungen und vieles mehr zu organisieren. Als fast alles in Sack und Tüten zu sein schien, machte Corona einen dicken Strich durch die Rechnung. Der eigentliche Plan musste komplett überarbeitet werden. Allein die Übernachtungen waren nun nicht mehr möglich. „Diese fanden meist in Kirchengemeinderäumen, in Sporthallen und sogar schon in Kirchen direkt statt. Doch etliche dieser geplanten Räumlichkeiten sind seit Wochen umgewandelt in Test- und Impfzentren und somit stehen diese nicht zur Verfügung. Also musste eine andere Lösung her und diese bestand in dem täglichen Transfer zwischen den einzelnen Etappenorten und Parchim durch das Busunternehmen Dietmar Kuse aus Wangelin. „Da alle Kinder und auch die Eltern und wir regelmäßig getestet werden, bilden wir gemäß der aktuellen Hygieneverordnung eine feste Gruppe in einer so genannten Blase“, erzählt Frauke Doller und so konnte die Gruppe in die erste von sechs Etappen starten.

Startpunkt war gegen 12.30 Uhr ein Parkplatz in Rerik zwischen dem Salzhaff und der Ostsee. Ein leichter kühler Wind sorgte für einen angenehmen Start trotz der intensiven Sonnenstrahlen. Eine Kopfbedeckung, etwas zum Trinken und leichte Kost waren in den Rucksäcken, die nicht für allzu großes Gewicht sorgten. Über Stock und Stein ging es immer in Ufernähe bis zum ersten kurzen Pausenstopp mit einem obligatorischen Gruppenbild.

Und weiter wurden Meter für Meter absolviert. Immer mehr zog sich die 50 Personen-Gruppe in die Länge, es bildeten sich kleinere Grüppchen und man merkte, dass die Kinder diese Gemeinsamkeit genossen. Hatte doch Corona in den vergangenen Wochen und Monaten einen Strich durch derartige Treffs gemacht, nutzten sie den Wandertrip umso mehr zum gemeinsamen Quatschen über Gott und die Welt. Den ersten Teil der Strecke absolvierten sie auf dem Radfernweg Ostsee, der über 383 Kilometer durch den Norden führt. Somit grüßten viele Pedalritter die Wanderer und auch manche Rasthütte lud zum kurzen Verschnaufen ein. Ein Wäldchen bot den Schatten, den alle benötigten. Mutter Isabell Gerdon, deren Tochter Allegra mitwanderte, kam zur Freude aller mit frischen Seltersflaschen. Finn und Leif aus der fünften Klasse nutzten die Rast und schnitzten an Zweigen. DRK-Notfallsanitäter Rene Grove, der die gesamte Strecke mitläuft, verteilte erste Blasenpflaster. Auch Ada hatte Blasen, doch nicht an den Füßen, sondern an der rechten Hand. „Der Wanderstock reibt etwas an den Fingern und deshalb hier die Blasen“, sagt sie und schon ging es weiter.

Vorbei an im Wind wiegenden, sattgrünen Getreidefeldern, schmucken Ferienhäusern und Koppeln, auf denen Rinder mit ihren Kälbchen gemeinsam weideten. Rund die Hälfte war absolviert, als nahe Rakow eine weitere Pause eingelegt wurde. Erste Fragen nach den geschafften und noch vorliegenden Kilometern machten klar, dass einige langsam das Ende dieser ersten Etappe herbeisehnten. Schließlich verlief der weitaus größte Teil der Strecke auf asphaltierten Wander- und Radwegen bei prallem Sonnenschein. „Das sind die Herausforderungen, nun über den eigenen Schatten zu springen und weiter zu laufen. Da hilft natürlich die Gemeinschaft. Alleine würde man vielleicht aufgeben, aber so strengt man sich an, hilft mit guten Worten auch dem Mitschüler über ein Tief und alle gemeinsam erfahren, dass man nicht nur an seine Grenzen kommt, sondern diese auch überwinden kann“, erzählt Frauke Doller.

Vor allem bei den letzten vier Kilometern, als schon erste Häuser vom Etappenziel in der Ferne auftauchten, war zu spüren, dass alle nochmals ihre Kräfte bündelten. Gegen 17 Uhr konnten sich die Schüler leicht geschafft auf die Kirchenmauer in Alt Bukow setzen. Nach einem tiefen Schluck aus der Wasserflasche ging es per Bus wieder zurück in die Kreisstadt und nach einem kräftigen Abendbrot erwachten die Lebensgeister wieder, so dass am Folgetag die nächste Etappe in Angriff genommen werden konnte. Ein Dank gilt allen Beteiligten, die an der Organisation und Durchführung beteiligt sind, ob Eltern, Firmen und Einrichtungen, denn ohne diese gemeinsame Vorbereitung und Sponsoren wäre so etwas nicht umsetzbar, so die Lehrerinnen.

Quelle: SVZ / Michael-G. Bölsche